Hallo Leute,
nachdem Erich (eriba) neulich schon so enthusiatisch seine Erfahrungen mit DVDlab gepostet hat, hier ein weiterer Erfahrungsbericht. Wie bekannt, habe ich mich in diesem Forum ja recht massiv für Uleads DVD Workshop (i.e. Powertools) stark gemacht. Da aber ja bekanntlich das Bessere des Guten Feind ist :D, habe ich mich an diesem Wochenende auch mal sehr intensiv mit DVDlab 1.15 befaßt.
Zusammenfassend läßt sich bereits sagen: DVDlab hat ein enormes Potential, welches besonders im Bereich der Menügestaltung fast keinen Wunsch mehr offen läßt, während sich DVD Workshop/Powertools seine intuitive Bedienbarkeit bei gleichzeitiger Ausgereiftheit seiner Funktionen zurechnen kann.
Leider liegt der Hase bei DVDlab recht tief verborgen im Pfeffer. Es sind besonders zwei Unzulänglichkeiten, die zwar marginal erscheinen, mir die Freude an dem Programm aber erheblich beeinträchtigen. Punkt 1 ist die 'Preview'. Obwohl nur ein kleines Fenster in der rechten unteren Ecke des Bildschirms, ist die qualitative Wiedergabe des herunterskalierten Bildes einwandfrei. Auch die Navigation läßt keine Wünsche offen - man kann sich entweder per Slider schnell und ohne zu stocken in der Timeline bewegen, per Cursortasten in größeren Sprüngen, oder mittels entsprechender Buttons von I-Frame zu I-Frame hangeln. Leider ist die Wiedergabe dabei ausschließlich auf Video beschränkt. Da in dem Previewfenster auch die Kapitelmarkierungen gesetzt werden, ist eine Kapitelauswahl unter Berücksichtigung passender Einsprungstellen auch nach Audiogesichtspunkten nicht möglich. Dies erscheint mir als erhebliches Manko!
Als Besitzer zweier Authoringtools kommt einem natürlich sofort die Möglichkeit eines Workarounds in den Sinn. Einfach das komplette Kapitelauthoring in DWS machen (welches vorbildliches Kapitelmanagement auch unter Einbeziehung von Audiomerkmalen gestattet!), und anschließend den nackten MPEG-Stream (ohne Menüs etc.) von DWS als VOBs auf die Platte rendern lassen. Mittels 'ChapterXtractor' liest man dann die Kapitelmarken als reine Textdatei aus der IFO aus.
Nachdem man DVDlab gestartet hat, importiert man die soeben von DWS erstellten VOB-Files und läßt sie vom Programm beim Öffnen 'joinen' ohne zu Demuxen, so daß man schließlich das Project als eine einzige 'Joined.vob' im linken Assetfenster stehen hat. Nun kann man darangehen, die Kapitelmarkendatei in DVDlab zu importieren. Das Programm setzt beim Einlesen gleichzeitig die Marken wieder an den entsprechenden Stellen auf den Filmstreifen im Moviefenster. Eine praktische Sache - und sowohl was das 'Joinen', den Kapitelmarkenim- und export und viele, viele andere Features angeht, nicht nur im Vergleich zu DWS konkurrenzlos. Wenn, ja wenn diese Funktion richtig durchdacht und ausgeführt würde!
Fast jedes mir bekannte Authoringtool ist in der Lage, Kapitelmarken an I-Frames zu setzen und diese Position auch als exakte Angabe auszugeben, etwa in der Form "01:12:26:13", womit naheliegenderweise Stunden, Minuten, Sekunden und Frames gemeint sind. Leider arbeitet DVDlab nicht so. DVDlab setzt seine Kapitel nach dem Timecode und damit grundsätzlich minimal im Sekundenabstand. Die Framewerte werden einfach abgeschnitten, bzw. ignoriert. Irritierenderweise geschieht dies auch, wenn man die Chapter im Previewfenster manuell setzt. Obwohl man mittels der Tasten jeden I-Frame genau ansteuern kann, wird die Kapitelmarke leider nicht an der Stelle generiert, die man gewählt hat, sondern an dem nächstgelegenen Sekundensprung vorher.
Dies halte ich für absolut unbefriedigend. Ein Versatz von bis zu ungefähr einer halben Sekunde ist intolerabel und führt im Ergebnis zu recht unkontrollierbaren Einsprüngen. Gerade wenn man an einem Szenenschnittpunkt einspringen will, ist es höchst nervig, die letzten Frames der vorhergehenden Szene noch faden zu sehen. Mehrere User haben dieses Verhalten im DVDlab-Forum bereits beklagt, sind allerdings leider beim Autor 'Oskar' auf nicht allzuviel Verständnis gestoßen. Laut Oskar ist der an I-Frames (respektive an der genauen Frameposition) ausgerichtete Kapiteleinsprung nur sehr aufwendig zu programmieren, und brächte erheblichen zusätzlichen Rechenaufwand bei - nach seiner Ansicht - nicht wesentlich größerer Genauigkeit. Vage hat er nach der Kritik allerdings eingeräumt, sich eventuell für eine spätere Version erneut mit dem Problem zu befassen. Sein vorläufiger 'Workaround', der sogenannte 'Chapterlag' von +/- 1 Sekunde löst m.E. das Problem auch nicht.
Ich habe wie gesagt am Wochende nach dem oben geschilderten Verfahren auf eine bestehende (mit DWS selbst erstellte) DVD zurückgegriffen. Nachdem ich mittels 'DVD Dec***ter' diese von allen bestehenden Menüs befreit habe, blieben nur noch die reinen Filmfiles zurück, denen ich schließlich noch die Kapitelmarken entlockte. (Nebenbei: DVDlab läßt außer MPEG2 auch den Import von VOB-Files zu!). Mein Ziel war es, die Fähigkeiten von DVDlab in der Menügestaltung mal kräftig auszureizen. Bis auf die Unvollkommenheiten in der Kapitelsteuerung haben mich die Fähigkeiten des Programms in dieser Hinsicht allerdings nicht enttäuscht. Egal, daß es sich bei dem fertigen Menü um absoluten 'Overkill' gehandelt hat - es hat jedenfalls Klasse funktioniert!
Experimentiert habe ich mit den sogenannten 'Switched Menus'. Aus einem Hauptmenü mit Startmöglichkeit des gesamten Hauptfilmes wurde in drei Untermenüs verzweigt, die den thematischen Schwerpunkten des Films Rechnung trugen. Hierbei wurde in einer Art 'Rollover-Effekt' beim Ansteuern eines Untermenülinks in einem nebenstehenden Fenster 'automatisch' das Titelbild des Submenüs eingeblendet. Erst der endgültige Klick verzweigt dann tatsächlich in eines der drei Untermenüs. Dieses Verzweigen wiederum geschieht über einen Effektübergang. Um den 'Overkill' nicht zu weit zu treiben, habe ich mich dabei unter diversen möglichen Effekten auf das unaufdringliche 'Crossfade' beschränkt.
In den drei Submenüs erfolgt dann endlich die eigentliche Anwahl der insgesamt 21 Kapitel. Auch hier wird zu jedem der 21 Kapitel beim 'Streifen' des entsprechenden Links das passende Bild angezeigt. Ich habe mich, um es nun nicht gänzlich zu übertreiben, auf Videostills beschränkt - man könnte allerdings auch kleine Loops in den Fensterrahmen ablaufen lassen. Bei der Auswahl der Bilder ist man übrigens nicht auf das unter der Kapiteleinsprungstelle liegende beschränkt - man kann jedem Kapitel ein beliebiges, frei wählbares Still aus dem Film oder aus externen Quellen zuordnen.
Was das Ganze sehr aufwendig macht, ist die Notwendigkeit, für jedes Kapitel eine identische Menümaske bereitzustellen, in der lediglich das Szenenbild im Rahmen individuell angepaßt wird. Das bedeutet in meinem Fall, daß mit dem Hauptmenü, den drei Submenüs sowie den 21 Kapitelmenüs insgesamt 25 Menümasken zusammenkommen, die alle sinnvoll miteinander verknüpft werden wollen. Wenn man den Bogen erst mal raus hat, geht das relativ schnell von der Hand. Kompliziert wird die Sache dadurch, daß bei jedem der angefahrenen Kapitel eine andere Maske aufgerufen wird, in der der aktuelle Kapitellink 'gehighlighted' ist und per Auswahlklick dann auch tatsächlich an dieser Stelle auf das Filmkapitel verzweigt, während alle anderen Links wiederum nur auf die Co-Menüs verweisen. Aus jeder dieser Kapitelmenüs ist zudem ein Rücksprung in das entsprechende Submenü vorgesehen, wobei auch dieser Rücksprung wieder mit einem 'Crossover' versehen ist. Bis auf marginale Unzulänglichkeiten, die ausschließlich auf Denk- bzw. Bedienfehler menerseits zurückzuführen waren, funktionierte dieses Menü absolut problemlos - bei diesem 'Härtetest' fast schon ein Wunder!
Vielleicht macht die Schilderung schon deutlich, wie anschließend im 'Connections'-Fenster die durch Pfeilstriche versinnbildlichten Verknüpfungen aussahen . Abgesehen davon, daß jede dieser Verknüpfungen zu jeder Zeit auch manuell editierbar ist, kommt einem das Programm bei so komplexen Projekten mit seiner automatischen Verknüpfungslogik sehr weitgehend entgegen. Soll heißen: Wenn man aufmerksam und diszipliniert bereits bei der Festlegung aller Parameter jeder einzelnen Menüebene vorgegangen ist, braucht man anschließend nur noch bei ganz individuellen Sonderwünschen in die Verknüpfungslogik einzugreifen!
Um es ganz klar zu sagen: Was die Menügestaltung angeht - inklusive der Im- und Exportmöglichkeiten von kompletten Menüs als Photoshop PSD-Layern - sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt. Nahezu jedes denk- und undenkbare Menüdesign ist realisierbar. Zusätzliche Features wie eine gekonnte FX-Funktion zur gezielten oder zufallsgesteuerten Bildmanipulation, macht aus Menühintergründen und der textlichen Linkgestaltung wahre Kunstwerke.
Daß das Programm keinerlei Renderingfunktionalität mitbringt, stört nicht wirklich, weil der engagierte User sowieso lieber auf seinen bevorzugten individuellen Codec zur MPEG2-Erstellung zurückgreifen wird. Wobei die Aussage "keinerlei Renderingfunktionalität" nicht ganz richtig ist, werden doch die als Menühintergründe eingesetzten Bilder der verschiedensten Ausgangsformate notwendigerweise vom Programm in den MPEG/VOB-Stream mit eingerechnet. Was ebenfalls fehlt, ist eine Echtzeitvorschau, die es gestattet, zu jedem Zeitpunkt des Authoringprozesses sein Tun zu überprüfen. Der Simulationsmodus, den das Programm anbietet, kann da im Vergleich zu solchen Möglichkeiten, wie sie Uleads Powertools bieten, bei weitem nicht mithalten. Glücklicherweise gibt's die Chance, vor der eigentlichen Endberechnung des Projekts eine Testkompilation durchführen zu lassen, bei der die originalen MPEG/VOB-Files durch Platzhalter ersetzt werden. So kann man bereits nach sehr kurzer Zeit die Funktionalität der Menüsteuerung überprüfen, ohne allerdings tatsächlich in den Film zu verzweigen. Als Notlösung durchaus brauchbar.
Mit obigem Artikel habe ich erst einen kleinen Bereich der gestalterischen Potenz dieses Programms gestreift. Deshalb lautet mein ganz individuelles Resümee: Wenn es der Autor noch fertigbringt, die Unzulänglichkeiten in der Kapitelansteuerung in den Griff zu bekommen, wenn er es schafft, der Vorschau noch Töne beizubringen und wenn in den Pulldownmenüs eine programmeinheitliche konsistente Bedienung mit der Maus funktioniert - dann ist dieses Programm zu diesem Preis nicht zu schlagen. Zumal DVDlab auch mit AC3-Sound umgehen kann (externer Codec vorausgesetzt!) und in der Lage ist, (derzeit noch nur) eine Untertitelspur mit einzubinden. Nachdem der Autor nach eigenen Aussagen verstärkt auch Europa als Absatzmarkt ins Auge gefaßt hat, wird hoffentlich zukünftig das PAL-Format besser unterstützt werden. Nicht zuletzt aus Inkonsitenzen in der Trennung der beiden Formate resultieren einige Probleme, die in verschiedenen Foren thematisiert wurden.
'Ne genauere Kapitelanwahl und 'ne Audiovorschau - und für anspruchsvollere DVD-Designs gibt's keine vernünftige Alternative mehr (wenn man denn keine 10 Audio- und Subtitelspuren braucht :D).
Angetane Grüße
ikarus