Hi,
ikarus hat's gelesen, verkneift sich aber einen Kommentar dazu, da ich exakt die gleichen Aussagen wie die von thobie vor der Anschaffung des digitalen Equipments ebenfalls von mir gegeben habe. Seitdem hat sich manches relativiert .
>>Ich habe auch festgestellt, dass ich beim Filmen die Welt mit anderen Augen sehe, als beim Fotografieren. Der Film lebt mehr von Bewegung.<<
Genau diese Einschätzung hat auch bei mir vor Jahren zu einer Abwendung von der (analogen) Fotografie geführt. Plötzlich bekamen die Erinnerungen lebendigen, nicht mehr nur statischen Charakter. Faszinierenderweise habe ich aber gerade durch die digitale Fototechnik die Lebendigkeit eines hochaufgelösten, farblich stimmigen Fotos erst wiederentdeckt, so daß mir die doch immer noch sehr begrenzte Qualität selbst der neuesten, hochaufgelösten Videografie erst richtig bewußt geworden ist (was sind schon HDV-Auflösungen gegen 6-12 MP - von 720x576 Pixeln mal ganz zu schweigen). Für den schnellen Genuß am Fernsehschirm ist das alles gut und schön - wer sich aber einmal in die Details eines guten Fotos vertieft hat, weiß, daß man von zwei verschiedenen Welten redet.
Lernt man erst mal selber die Möglichkeiten der neuen Technik kennen. Für jeden, der nicht bisher über die individuellen Bearbeitungsmöglichkeiten eines eigenen Farbfotolabors verfügte, eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten der Fotooptimierung, von denen man als Analogfotograf nur geträumt hat. Und ich weiß, wovon ich rede. 40 Jahre analoge Praxis mit dem Hintergrund einer praktischen Grundausbildung beim Großvater, einem Berufsfotografen, haben meinen Blick für das Wesentliche schon ausreichend geschärft.
Bis vor zwei, drei Jahren hätte ich jede Disqualifizierung digitaler Fototechnik noch unterschrieben und man darf sicherlich auch nicht den Fehler machen, jegliche digitale Knipstechnik mit einer x-belibigen ALDI-Cam in den Rang professioneller Fotografie zu erheben - dieses Votum ist aber definitiv mit dem Erscheinen voll- und halbformatiger, optisch und mechanisch hochwertiger DSLRs obsolet geworden.
Analoge Fotografie wird sicherlich in Spezialbereichen ihren Stellenwert behalten, weil es natürlich noch Segmente gibt, in denen der typische Look eines analogen Bildes zum künstlerischen Eindruck eines Bildes beiträgt, bzw. der (noch) leicht vorhandene Vorteil eines geringfügig höheren Dynamikumfangs von hochauflösendem Film unverzichtbar ist. Für die rein dokumentarische Fotografie gibt's aber definitiv keine Alternative mehr zur digitalen Fotografie.
ikarus
BTW: Man muß sich die (zugegebenermaßen aufwendige) Nachbearbeitung des RAW-Formats aber auch nicht unbedingt antun - die standardmäßige, in jede Kamera eingebaute RAW-Optimierung, die bei JPG-Ausgabe auf die Bilder angewandt wird, ergibt i.d.R. bereits bessere Ergebnisse, als 90% aller Analogfotografen je hervorzaubern werden. Nein, bei mir ist es so, daß mir das Herauskitzeln des möglichen Optimums aus einem Bild erstaunlich viel Spaß macht, so daß mir der Zeitaufwand nebensächlich erscheint, angesichts der Befriedigung, ein Bild genauso hinbekommen zu haben, wie es meiner Erinnerung an die Realität entspricht. Das haben bisher (in Grenzen) lediglich teure Fachvergrößerungen ermöglicht - ohne daß ich 'ne Chance gehabt hätte (abgesehen von den Aufnahmeparametern), das Ergebnis zu beeinflussen.
Nee, nee, man sollte schon wissen, wovon man redet, bevor man sich ein Urteil über neue Technologien anmaßt. Wir haben gerade ohne mit der Wimper zu zucken (und ohne die geringste Wehmut und Nostalgie) zwei professionelle Contax AX nebst einem umfangreichen Sortiment erstklassiger Zeissobjektive aus dem Nachlaß meines Schwiegervaters bei eBay unter den Hammer gegeben. Es war schwierig, dieses Equipment loszuwerden!!! Nur noch sehr, sehr wenige wollen sich analoge Ausrüstung an's Bein binden. Und wenn, sind es die paar verbliebenen (Studio-)Spezialisten mit eigenem Labor und speziellem Anliegen. Neben diesen Kameras kamen übrigens die Ansammlungen eines dreißigjährigen Fotografenlebens zum Angebot, von der kompletten Studioblitzanlage, professionellen Vergrößerern (Linhoff und DURST), Vakuumrahmen, Kaschiermaschine, Displaybedarf bis hin zu einer (über)kompletten Dunkelkammer mit allem Schickimicki..... Es hat ein ganzes Jahr gedauert, wenigstens die wertvollsten Bestandteile noch unters Volk zu bringen! Selbst bei zweimaligem Verkaufsangebot auf den regelmäßig stattfindenden Kamerabörsen sind wir mit Ach und Krach zwei Zeissobjektive losgeworden. Quintessenz (trotz aller nostalgischen Gefühle): Analogfotografie ist tot! Die Meisten wissen es nur noch nicht.
Im Übrigen: Wenn ich mir das Themenspektrum der letzten Monate in unserem Forum so ansehe, habe ich nicht das Gefühl, hier besser als vor meinem Photoshop aufgehoben gewesen zu sein.