Film&Look Fachwissen

  • Hi, Günter.


    Ich hab' zwar nur diagonal gelesen, aber einiges gefällt mir da nicht.
    Z.B. kann ich kaum glauben, dass das Filmkorn irgend eine Rolle spielt. Es sei denn, man schaut sich den Film auf einer Kinoleinwand an. Wenn dem so ist, dann wird man vom DV-Format sehr enntäuscht sein. Nachträglich Grain ( Körnigkeit ) einzufügen ist sicher nicht der richtige Weg. Immerhin sollte man bedenken, dass 99 % aller Filme ( auch die der Filmstudios ) auf der Glotze gesehen werden.
    Was die Auflösung angeht, hat er sicher recht. Das ist per DV aber auch nicht behebbar. Im Übrigen : Waren wir nicht immer dann am meisten Entzückt, wenn wir Cinemascope-Filme gesehen haben, deren Farbumfang deutlich unter dem einer DV-Kamera lag ?. Ich meine da insbesondere das TechniColor- Verfahren, wo die Filme gedruckt wurden. Ich denke da nur an die alten Winnetou-Schinken.
    Auch, was die Farbtemperatur angeht, hat der Autor nicht recht. Die KameramännerInnen hatten die Wahl zwischen verschiedenen Empfindlichkeiten und Farbtemperaturen. Und für die Feinheiten gab's die Korrekturfilter, die in den Strahlengang eingeschwenkt wurden.


    Deshalb glaube ich, dass der Autor wirklich die TechniColor-Schinken im Visier hat, wenn er von Filmlook spricht. Diese Effekte sind aber mit einer Nachbearbeitung oder sogar in der Kamera einzustellen. Nur macht es keiner per Voreinstellung, weil er sich nicht von vornherein sein Material versauen will.


    Was die Tiefenschärfe angeht, hat er sicher recht. Für sanft in die Ferne wachsende Unschärfen braucht man schon 'ne gehörige Brennweite, das ist mit den DV-Cam's nicht zu machen. Es ist auch die Frage, ob man das wirklich muss, um einen Filmlook zu erzielen. Ich erinnere da nur an den Film " Die verrückte Welt der Amelie ", der nahzu vollständig bis in die Tiefen scharf war. Und doch war auch dieser Film im Kino-Look. Das Witzige daran war, dass es Kameramann und Regisseur fertiggebracht haben, neben der Figur im Vordergrund immer wieder Szenen aktiv im Hintergrund ablaufen zu lassen, sodass man den Film eigentlich öfter besuchen muss, wenn man "alles" mitbekommen will.
    Der Film hat aber auch noch etwas anderes deutlich gezeigt, was wir Hobbyfilmer immer wieder unterlassen : Die extreme Nahaufnahme !
    Irgendwie halten wir uns immer noch an die Abstandsregel aus der frühgeschichte der Menschheit.
    Das haben die Profi's besser drauf.
    Insbesondere, was die Eye-Catcher angeht.


    Wo wir gerade bei Eye-Catcher sind, ich hab' da, ich glaub' am Donnerstag, einen Tierfilm gesehen, der vollständig mit DV-Cams gedreht worden ist. Was der Kameramann da auf den Schirm gezaubert hat, war allerhöchste Filmkunst. Der Film war zwar nur für's Fernsehen, aber trotzdem der absolte Filmlook - wie ich ihn verstehe - also ein Machwerk, dass unbedingt in die Kinos gehört !.


    MfG E.Z.

  • Hi EZ.


    Dies sollte doch nicht als Bibel für den perfekten Look angesehen werden, sondern eher als Leitfaden den man sich bei anstehenden Projekten vor Auge führen sollte.
    Bei genauer Durchsicht der Kapitel merkt der Autor selbst an, dass der perfekte Filmlook mit DV- Equipment nicht zu schaffen sei und das dieser auch nicht immer gefordert ist.


    So gesehen ist es auch für mich nur ein Leitfaden, der im Hinterkopf steckt um die gröbsten Fehler im Vorfeld auszuschließen.


    GünterN :richter:

  • :richter:


    Achtung: ultralanges Posting ;)


    E.Z., da bin ich in vielerlei Hinsicht doch der Meinung dieses Hackermovie-Autors, bzw. der Autoren. Ich denke, die haben da ein extrem fundiertes und erfahrenes Wissen eingebracht. Die haben wohl auch keinen Aspekt ausgelassen, selbst wenn es nur um sehr subtile Feinheiten geht.
    Eine dieser Feinheiten scheint mir dabei die Sache mit dem Filmkorn zu sein, die ich im Grunde auch sehr kritisch sehe, weil das meist missverstanden wird.


    Was klar sein sollte - diese 0815-Filter, die mittlerweile in fast jedem Programm zu finden sind, die machen eigentlich was ganz anderes, als das, was man hier als "Film-Look" bezeichnen möchte, zu erzeugen.
    Denn diese Filter generieren eigentlich nur das, was man als Film-FEHLER kennt. Dazu gehört auch das Filmkorn.


    Kein Filmemacher, der mit 35mm arbeitet, will ein deutlich sichtbares Filmkorn haben (Ausnahmen bestätigen wohl eher die Regel). Man tut alles, um genügend Licht am Drehort zu haben, um eine sehr geringempfindlich und damit sehr feinkörnige Emulsion benutzen zu können. Das Resultat sind meistens Filme, bei denen man bei einem normalen Betrachtungsabstand selbst im Kino noch kein Korn erkennen wird.
    Eine gute Abtastung eines solchen Films wird dann auch nicht das Korn erkennbar werden lassen, wenn es auf ein Bandformat für den TV-Gebrauch kopiert wurde. Aber gute Abtastungen sind rar!
    Genau an dieser Stelle passiert es SEHR oft, dass bei der A/D-Wandlung für unser Auge eigentlich nicht sichtbares Korn zu einem sehr feinen Rauschen gewandelt wird, das man im Kino gar nicht gesehen hätte. Bei manchen Abtastungen sieht das dermaßen extrem aus, dass man vor dem Fernsehgerät glaubt, da hätte jemand beim Dreh eine Gardine vor die Linse der Kamera gehalten.
    Aber das ist nicht eine typische Eigenschaft von Film, sondern das ist das typische Produkt einer schlechten Abtastung. Sowas sollte man eigentlich nicht versuchen, nachzuahmen.


    Aber das hatte der Autor meiner Meinung nach auch gar nicht gemeint.
    Was er gegenübergestellt hat, das ist die Tatsache, dass die Pixelauflösung einer digitalen (oder überhaupt elektronischen) Kamera, eine ganz andere Art der Auflösung bietet, als eine Auflösung, die durch eine chemische Emulsion entsteht. Die Pixelauflösung ist immer starr mit gleicher Größe. Das chemische Korn ist auf jedem Einzelbild ein anderes, hat eine andere Größe, eine andere Form und die Kornformierung kann sich sogar in Abhängigkeit von Helligkeit und Farbe innerhalb eines Bildes (geringfügig) ändern. Dennoch ist das Filmkorn immer um ein zigfaches kleiner als ein Pixel. Also bleibt die Auflösung durch das Filmkorn immer wesentlich höher im Vergleich zu einem Chip. Und obwohl man dieses Filmkorn eigentlich gar nicht erkennen kann, erzeugt es einen ganz anderen Schärfeeindruck als es ein Pixelbild erzeugen könnte.
    Wenn man nun nachträglich versucht, ein dynamisches Rauschen in ein Bild zu generieren, dann macht man aber etwas sichtbar, was auf Film nicht sichtbar wäre, nämlich das Rauschen, und gleichzeitig zerstört man dadurch noch zusätzlich die ohnehin schon geringere Auflösung im Vergleich zu Film.
    Also sollte man mit dem Faktor Korn oder Rauschen in Hinblick auf Filmlook extrem spartanisch umgehen, wenn nicht sogar diesen Faktor ganz auslassen, weil zu subtil.


    Was den Farbeindruck eines Spielfilms angeht - Das ist wirklich eine Kunst für sich. Es ist nicht allein das Filmmaterial, was man da versucht zu beeinflussen. Die komplette Dekoration und die Kostümierung eines Spielfilms wird oft schon in Hinblick einer bestimmten Farbgebung ausgewählt. Manchmal werden gar blockweise ganze Häuserfronten umgestrichen, damit es zum gewünschten Look passt.
    Dann kommt dazu tatsächlich auch eine Vorbearbeitung des Filmes, das "Vorbelichten". Damit kann man zum einen das Kontrastverhalten der Filmemulsion auf eigene Wünsche abstimmen und zum anderen kann auch hier schon eine bestimmte Farbrichtung geprägt werden. Man macht das vor der Aufnahme, weil fast alles, was man vor der Aufnahme macht, zu deutlich weniger Qualitätseinbußen führt, als die Maßnahmen, die man erst nach der Aufnahme trifft.
    Gerade wenn es darum geht, DV-Video später am Schnittcomputer mittels Farbkorrektur zu einer gewissen Farb- und Kontraststimmung zu bringen, wird man feststellen, wie schnell man da manchmal das immer vorhandene Grundrauschen derart erhöht hat, dass man diesen Qualitätsverlust nicht mehr hinnehmen möchte. Wenn man aber durch gezielten Weißabgleich und sorgfältige Ausleuchtung beim Drehen schon in die gewollte Farb- und Kontrastrichtung hingearbeitet hat, dann ist es gar nicht mal so schwer, dem später durch eine Farbkorrektur am Rechner noch den letzten Schliff zu verpassen.
    Tatsächlich unterscheidet sich ein Video, das durch eine solche Maßnahme im Farbumfang reduziert, bzw. angepasst wurde, ganz erheblich von dem typisch bunten, unkorrigierten Video. Und es ist meiner Meinung nach viel näher an dem, was man als Film-Look empfindet.


    Was Tiefenschärfe angeht, das ist einfach nicht von der Hand zu weisen. Videos von lichtstarken Kameras mit ständig fast geschlossenen Blenden erzeugen extrem flache Bilder, deren Ästhetik wenig mit unserem realen Empfinden zu tun hat. Es geht ja bei Film dort, wo man den Filmlook meist anlehnt, meist auch um den Versuch, mit allen handwerklichen Künsten einen möglichst realen Eindruck zu erzeugen. Aber Auge und Gehirn können nun mal in der Realität nicht etwas, was sich 10 Zentimeter vor dem Auge befindet und etwas anderes, 20 Meter im Hintergrund, gleichzeitig scharfzeichnen. Das geht nichtmals bei einem Abstandsunterschied von 10 Zentimetern.
    Ich denke, dass auch hier die Gegenbeispiele eher die Ausnahme sind, die die Regel bestätigen.


    Wenn man also tatsächlich einen Film-Look für sein Video haben möchte, dann sollte man doch auch möglichst ALLE Faktoren berücksichtigen, die dabei helfen können. Möglichst.


    Ich finde dabei letztlich nur eine Frage noch sehr interessant:


    Muss es denn wirklich immer Filmlook sein?????



    :shake:




    :bounce:

    3 Mal editiert, zuletzt von Avalon ()

  • Stimme euch beiden voll und ganz zu !


    Besonders AV-alones letzte Bemerkung trifft den Braten ins Herz :


    "Muss es denn wirklich immer Filmlook sein????? "


    Ich glaub', nein. Aber das ist, wie vieles was die Filmerei angeht, Ansichtssache. Ich hab' mal einen Film in 16x9 Letterboxed gemacht, weil ich mir davon einen dem Filmlook ähnlichen Effekt erhofft hatte. Aber wie AV-alone schon sagte, 's ist etwas flach geraten. Wohl auch deswegen, weil ich die ganze Zeit ein WW vorgeschraubt hatte.
    Da muss man dann eben andersweitig Tiefe 'reinkriegen. Ich hab's mit Bewegung versucht, das ging so in etwa.
    Aber der Autor meinte ja eigentlich das Erscheinungsbild der Videopräsentation, wenn ich ihn richtig verstanden habe.
    Eine Vergleich mit dem Menschlichen Auge allerdings möchte ich da auf keinen Fall anstellen. Das wäre zu kompliziert. Immerhin ist das Auge ein Aussenorgan der Gehirns, will meinen : Alles, was gesehen wird, kommt schon vorbearbeitet ins Bewusstsein. Deshalb hat man auch den Eindruck, alles sei scharf, wenn man den Hintergrund auch nur einmal scharf gesehen hat und er danach nur unscharf gesehen wird. Machen sich ja viele Kameramänner per Schärfenebenen-Wechsel zunutze ( besonders häufig benutzt bei "Sgt.Ryan" ).
    Jetzt fang' ich schon wieder an zu schwafeln.


    Auch wenn es nicht immer Filmlook sein muss : Diesen thread finde ich gelungen, weil man so seine Erfahrungen einbringen kann und die Tricks, mit denen das menschliche Auge sozusagen "hinter's Licht" geführt werden kann.
    Deshalb : Mehr von euren Erfahrungen!. Jeder Beitrag, der dafür sorgt, dass die Zuschauer vor der heimischen Glotze auch nur eine Minute länger wach bleiben, ist willkommen !


    MfG E.Z.


    P.S. Ich hoffe, ihr nehmt mir die Verballhornungen eurer Mitgliedernamen nicht übel.

  • >> Ich hoffe, ihr nehmt mir die Verballhornungen eurer
    >> Mitgliedernamen nicht übel.


    Ehrlich gesagt sah ich das anfangs mit einem Fragezeichen, hab's dann aber sehr bald als willkommene, witzige Auflockerung Deiner Postings betrachtet. Und selbst bei Diskussionen, wo wir eigentlich sehr gegensätzlicher Meinung waren, hat diese 'Verballhornung' mich schon zu einem herzhaften Lachen bewegen können, was mir wieder vor Augen führte, dass das alles hier ja schließlich auch Spaß machen soll.


    Also, nee, zumindest ich nehme das ganz gewiss NICHT übel!
    Ich warte mittlerweile eher schon gespannt darauf, was Du Dir nun wieder Neues ausgedacht hast ... ;)

  • Hi, Marco.


    Gerade bei Dir ist es ja schwer,was zu finden. Ich bin da durch ein Posting von GünterN drauf gekommen.
    Im Übrigen ist dein Fachwissen hier sehr geschätzt, manchmal mache ich mir allerdings Sorgen, dass es nicht von allen so aufgenommen wird wie von Dir. Deshalb nochmal danke.
    Ich hab' mich auch über die bisher einzige Verballhornung meines Mitgliedsnamens gefreut : EinZeller.
    Einfach toll. Passt irgendwie.


    MfG E.Z.

  • "Muss es denn wirklich immer Filmlook sein"


    Natürlich nicht. Es kommt mir aber auch so vor, wie wenn diese Frage immer mehr zu einer rein philosophischen mutiert. Was mir sehr gefallen hat, in diesen Hacker-Beiträgen, war der Kommentar von Steffen, dass es nicht DEN Filmlook gibt, sondern einfach einen Look an sich und das der eben bei jedem Film (egal auf welchem Medium gedreht) einmalig sein kann/sollte.


    Ich persönlich finde absolut nichts verwerfliches daran, zu versuchen, seinen Bildern einen bestimmen Look (wie drückt man das eigentlich am besten in deutsch aus?) zu geben. Im Gegenteil. Es muss ja nicht immer progressiv oder deinterlaced sein, es muss auch nicht immer geringe Tiefenschärfe oder extrem korrigierte Farben sein, aber einfach das gewisse Etwas, das zeigt, dass man sich mit seinem Material kreativ auseinandergesetzt hat und wirklich versucht hat, die Geschichte die man erzählen will, mit den geeigneten gestalterischen Mitteln noch zu unterstreichen, Akzente zu setzen und bestimme Athmosphären oder Stimmungen zu schaffen.

  • Hi an alle :


    Bei dieser Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass wir zwar 'ne Menge Kategorien haben, Hardware und SW betreffend, aber keine, in der gpostet werden kann, wie man z.B. Tiefe in eine Szene bekommt, oder Bewegung darstellt.
    Das gehört dann unter den Oberbegriff " Filme machen ", also zum Handwerkszeug der Hobbyfilmer.
    Besteht da Interesse, auch diese Themen konzentriert darzustellen ?
    Natürlich stimme ich Günter dahingehend zu, dass das auch irgendwie eine philosophische Betrachtung ist. Aber wenn man die Möglichkeiten nicht kennt, muss man keine Philosoph, sondern Hellseher sein.


    MfG E.Z.


    P.S. Na, GünterN ( verdammt, wir haben zuviel Günters ), Stacheln wieder 'raus ?

  • Zitat

    P.S. Na, GünterN ( verdammt, wir haben zuviel Günters ), Stacheln wieder 'raus ?


    Hallo


    Ja, nachdem bei einigen der werten Herren der Kamm wieder abgeschwollen ist, hat mein letztes Peeling gefruchtet.


    GünterN :headbanger: