@ all
Der sich m.E. hier anbahnende Bitte-bitte-zerfetze-meinen-Film-Enthusiasmus gibt mir ernsthaft zu denken. Er erinnert mich an ein schon viele Jahre zurückliegendes Ereignis, das beinahe einmal zur Auflösung unseres Filmclubs geführt hat.
Das "Ereignis" war ein Film-Vorführabend, zu welchem ein Gast erschienen war, der bereits nach dem ersten Film lauthals anfing, das Gezeigte in seine Einzelteile zu zerlegen und für völlig unbrauchbar zu erklären. Darauf angesprochen, welche Expertise er denn besitze, outete er sich als Betreiber einer Filmproduktionsfirma im Westerwald. Nach einigen (von ihm sichtbar genossenen) ehrfürchtigen Schweigesekunden wagte es einer der Anwesenden endlich, zu erwähnen, daß der soeben gezeigte Film ja so schlecht nicht sein könne, da er immerhin auf Bundeswettbewerbs-Ebene eine Silbermedaille erreicht habe. "Dann müssen die Juroren dort entweder Tomaten auf den Augen gehabt haben, oder sie waren bestochen", erwiderte der Experte - nicht wissend, daß auf der Bundeswettbewerbs-Ebene des Bundes Deutscher Filmamateure die Jury zum großen Teil aus Experten der Medienlandschaft besteht (diese allerdings pflegen einen Film nicht zu massakrieren, sondern ihn in seiner Gesamtheit zu beurteilen).
Nachdem auch der zweite gezeigte Film (2. Preis beim Landeswettbewerb) für "unzumutbar" erklärt war, teilte sich das Mitglieder-Lager dann in zwei Hälften: die einen schnappten sich ihren mitgebrachten, jedoch noch nicht gezeigten Film und verließen den Clubraum in Richtung zuhause, die anderen waren vom plötzlich erschienenen Messias so fasziniert, daß sie ihm ihre Filme zusteckten mit der Bitte, sie mal so richtig nach Strich und Faden zu "analysieren" - was von besagtem Herrn mit grossem Vergnügen versprochen wurde. Das Ergebnis, ein paar Wochen später sauber in Ordnern aufgelistet präsentiert, kam einer Inquisition gleich und förderte zutage, daß die Filmemacher eigentlich besser Briefmarken sammeln sollten - wobei der "Zensor" deutlich machte, daß er die Filme nur mal kurz so überfliegen konnte, da er keine Zeit habe, sich ernsthaft damit zu beschäftigen.
Kurz und gut: mehr und mehr Mitglieder blieben den Clubabenden fern. Selbst der Hype der "vorwärtsstrebenden Mitglieder" verrauchte, erkannten sie doch nach und nach, daß solche Dauer-Belehrungen ihre Filmer-Psyche in nicht geringem Maße schädigte - fortan liessen sie ihre Filme lieber im heimischen Schrank stehen und beteiligten sich an der Zensur von Filmen anderer. Der Club verkümmerte mehr und mehr, bis eines Tages der verbliebene Rest einen verzweifelten Entschluß fasste: Die plötzlich und für kurze Zeit modern gewordenen Szene-für-Szene-Analysen wurden rigoros abgeschafft, es wurden wieder Filme gezeigt, an denen trotz mancher Kritik auch ein gutes Wort hängen blieb, es gab plötzlich wieder Wettbewerbsbeiträge, die auch ohne vorhergehende Inquisition ihre Preise erringen konnten, und die Filmer-Fortbildung geschah wie früher im Rahmen von Diskussionen und Vorträgen über Filmschnitt und Filmgestaltung. Auch der Profi wurde höflich gebeten, sein Wissen fürderhin im Rahmen interessanter Referate und Diskussionen an die Clubmitglieder weiterzugeben. Leider war es allerdings so, daß er "für so etwas" plötzlich keine Zeit mehr hatte.
Puuh - ein ziemlich langes Statement - zugegeben. Ähnlichkeiten mit Personen oder Vorkommnissen in diesem Forum sind natürlich rein zufälliger Natur ;-))).
Kritisierende Grüsse
vom Wiro