• Ich möchte ein Thema ansprechen, das immer wieder auftaucht:


    Bei mir gibt es im Kabel den Sender BahnTV. Diesen Sender schalte ich ab und zu gern an, weil mich Eisenbahn und das ganze Drumherum sehr interessiert. Im Programm von BahnTV werden auch öfters "Hobbyfilme" gezeigt, also Filme zum Thema Bahn von Amateuren. Es gibt eine Fülle von Themen, die verarbeitet werden - aber leider sind es in der Regel nur Bilderfolgen, wo eine Lok von links nach rechts fährt, dann wieder von rechts nach links, dann kommen ein paar Züge, ein paar Bahnhöfe, ein paar Nahaufnahmen bei Dampfloks usw. Dh. es sind Filme ohne jede Story oder Aussage. Man fragt sich als Zuschauer ständig, was soll mir der Film sagen?


    Es ist sehr schade, dass dieser Kardinalfehler immer wieder und so weitverbreitet gemacht wird. Es gibt keinen roten Faden, sondern nur Bilder, denen mann/frau es sofort buchstäblich ansieht, dass es kein Konzept zur Aufnahme gab. Es wäre sehr wünschenswert, dass sich mehr die Regel durchsetzt, dass die Vorbereitung von Filmen min 2/3 der gesamten Produktionszeit in Anspruch nimmt, damit etwas Sehenswertes entsteht. Aus meiner Sicht gilt das auch für die Standardthemen Urlaub, Feste, Jubiläum, usw. Erst, wenn es eine Geschichte gibt, die erzählt wird, gehört der Film nicht mehr zum voraussehbaren allseits bekannten Einerlei. Mit einer Geschichte wird der Film interssant - nicht durch schöne scharfe Bilder oder endlose Schwenks.


    Warum nur wird der Vorbereitungsaufwand so regelmässig gescheut? Ich bin sicher, dass es viele ernsthafte Amateuren gibt, denen es genauso geht, und die sich dieselbe Frage stellen, oder? Wenn ja, was lässt sich dagegen tun? Workshops, Seminare?



    Max

  • Zitat

    Wenn ja, was lässt sich dagegen tun?


    meine Meinung dazu steht fest: Und zwar aus langjähriger Erfahrung mit
    solchen "workshops".
    Wenn jemand kein Talent hat eine Geschichte zu erzählen, zu singen, in
    Bilder zu fassen, dann hilft ihm kein noch so gutes Seminar der Welt. er wird höchstens nachahmen. Das merkt man dem Film dann genauso an, wie man kein vorhandenes Konzept erkennt.
    Das Nachbereiten der workshops ergab in allen Fällen:
    Die visuellen Tips in der Präsentation( ratternde Anzeigetafel auf Bahnhof/airport, Titeleffekte etc)alles wurde nachgeahmt alle 12 Leute hatten das im Film. Der mündliche Ratschlag beisp. eine Ansage des Flughafenpersonals,der Stewardess mit persönlichen Texten, entweder im Original oder nachvertont, das hat keiner gepackt. Keiner hat irgend etwas als roten Faden gefunden.
    2. Versuch:
    Gleiche Teilnehmer, keine Bilder, keine Präsentation, keine Lehrbeispiele:
    ganz anderes Thema Literatur/ Journalismus: Wie erzähle ich eine Geschichte?
    Ich habe ein paar typische Texte rausgesucht, findet man jede Woche im Stern zuhauf. Immer gleicher Erzählstil.Interesse wecken, Spannung erzeugen, Thema auflösen. Ergebnis: Ein Teilnehmer kam auf die Idee eine Geschichte im Film rückwärts zu erzählen. Alle anderen hatten Teile einer Handlung zumindest zu finden versucht.
    Ohne visuelle Berieselung war die Aufmerksamkeit offenbar einen Hauch höher.
    Bestätigung meiner oben gemachten These wird von einigen anderen Leuten fast punktgenau bestätigt.
    Zum Thema Drehbuch sieht die Geschichte ganz anders aus. Da wird dann mimutiös der Weg der Sonne um halb acht an 12 Abenden im August erforscht.


    Nebenbei bemerkt: Das, was Du vermisst Max, ist schon Königsklasse.
    Ich wär schon froh wenn die altbewährten "Tante Else am Brunnen; Tante Else überall auf der Welt, Wir beim Diner mit dem Kapitän, Mutti streichelt den Eisbären ( ausgestopft ) wenn diese Dinge mal ausgeräumt würden.
    Genau wie verwackelte Aufnahmen, aber der Titel "Software des Jahres" für
    den Stativersatz " Nie mehr schleppen dank Mercalli" lässt ja hoffen....

  • Zitat

    Original von Max41
    Warum nur wird der Vorbereitungsaufwand so regelmässig gescheut?

    Hallo,
    in dieser Frage steckt wohl bereits die Antwort drin: Scheu vor dem Aufwand.
    Kürzlich habe ich in einer Statistik der Videoindustrie gelesen, daß ca. 85% der Hobby-Videofilmer keinerlei Aufwand mit ihren Videos treiben - sie "knipsen" wie früher mit dem Fotoapparat und das ist es dann.


    Ich denke, daß man das einfach so akzeptieren muß. Missionieren bringt da nichts. Diejenigen, die mehr wollen, schließen sich ohnehin irgendwann einer Interessengruppe (Club z.B.) an, und dort kommen sie automatisch in den Genuß von Vorträgen, Seminaren und Workshops, die sich mit dem "Filmemachen" beschäftigen. Was man davon dann mit nach Hause nimmt und umsetzt bleibt jedem selbst überlassen.
    Gruss Wiro

  • Hallo,

    Zitat

    85% der Hobby-Videofilmer keinerlei Aufwand mit ihren Videos treiben - sie "knipsen" wie früher mit dem Fotoapparat und das ist es dann.


    und das ist dann wohl auch der Grund, warum in unseren Clubs der Nachwuchs fehlt, obwohl doch die Absatzzahlen für Video-Kameras steigen.


    Insgesamt stimme ich den Aussagen von Wiro zu. Allerdings ist die Möglichkeit an Seminaren teilzunehmen auch für Interessierte (in einem finanziell tragbaren Rahmen) örtlich auch sehr unterschiedlich.

  • Mit einem Workshop lässt sich sicher kein dramaturgisches Können erzeugen, aber vielleicht passiert eine Sensibilisierung für den roten Faden? Ich vermisse auch kein Drehbuch, denn wir sind und bleiben (zumindest in der Regel) ja Amateure. Mir geht es mehr um ein paar Gedanken, bevor die Camera läuft - und nicht erst beim Schneiden. Ideen zum roten Faden können doch unendlich vielfältig sein - jeder nach seinen Vorstellungen und Vorlieben. Aber es ist einfach unerträglich, wenn wie so oft zB. behauptet wird: "Ich weiss doch vor meinem Urlaub nicht, was passieren wird. Da kann ich mir vorher keine Gedanken machen!" Absoluter Quatsch, denn wieso sollen Zufall und Schicksal "Regie" führen im Urlaubsfilm? Es ist auch sehr viel einfacher und zeitsparender, wenn mann/frau vorher sich ein Thema zum Filmen gegeben hat. Denn wenn ich mir zB. vorgenommen habe, am Urlaubsort "Handwerker in ....." oder "Einheimische von ...." oder "Autos der Urlaubsregion" usw zu filmen, weiss ich genau, welche Motive ich suchen muss und was entfällt. Wenn ich zB. Handwerker zum Thema habe, muss ich Mutti und den Kids nicht mit der Camera hinterherlaufen und ich muss keine Sonnenuntergänge am Meer filmen, sondenr kann mich darauf konzentrieren, gezielt nach Szenen zu suchen, wo Handwerker ihrer typischen Arbeit nachgehen.


    Die Königsklasse journalistischen Schaffens sehe ich darin noch nicht, sondern einfach mehr Anspruch an die Wirkung der eigenen Filme. Es macht doch einfach mehr Spass, wenn die Zuschauer nach 15-20 Filmminuten sagen "Oh schade, schon zu Ende!" anstelle von "Auf der Insel xyz waren wir auch schon mal. Die Fähre dahin und den Strand kennen wir auch." Selbst die sogenannten "Dokumentationen" diverser Reisen, Feste und anderer Veranstaltungen sind doch nur bebilderte Ausreden für ein fehlendes Konzept.


    Ich diskutiere doch lieber über die verstandene oder nicht-verstandene Filmaussage bzw über die ansprechende oder nicht-ansprechende Geschichte als über die gewählte Brennweite oder verwendete Camera. Leider finde ich dieses Problem selbst in Videoclubs sehr verbreitet. Ich wünsche mir keine Filmkünstler oder Spielberg-Nachfolger, sondern mehr wirklich engagierte Filmer, die ihre Camera nicht nur zum Abfilmen von Millimeterpapier oder als Zoom-Schwenk-Knips-Kasten benutzen. Ist das zuviel erwartet?


    Max

  • Hallo Max,
    das geht mir alles "runter wie Öl", was Du da thematisiert hast. Es ist ja nur die ( von Dir noch sehr zurückhaltend und sehr höflich vorgetragene) Wirklichkeit.
    Ich persönlich "bekämpfe" das so:
    Abgesehen von meiner ohnehin knappen Zeit verweigere ich jegliche Mitarbeit am Entstehen solcher "Filme", die Nachbarn oder Bekannte anschleppen unter dem Motto: "Mach mal was draus!"


    Ursache dieser Katastrophe ist sicher, dass es einfach "zu leicht" ist, auf den Auslöser einer Cam zu drücken ( ... kann doch jeder! ). zu seeligen Super 8 oder 16mm - Zeiten sah das ganz anders aus.


    Das erlebe ich sogar bei uns in der Schule im Kollegenkreis, in dem viele einfach nicht kapieren, warum unsere Kamerakids 2 Jahre Ausbildung durchlaufen müssen und darin u. A. auch zur Redaktionsarbeit geschult werden, bzw. die sauer sind, wenn ich nicht bereit bin, eine Cam für eine Klassenfahrt rauszugeben.


    Spontan fällt mir jetzt ein, dass neben sicher vielen anderen Videofreunden unsere Liane ein Musterbeispiel dafür ist, wie man sich auf einen Reisefilm vorbereitet. ( Hallo Liane !!) Sie wäre sicher ein toller Referent für Interessierte.
    Viele Grüße,
    Hans


    Einmal editiert, zuletzt von SFK ()

  • Wie beim Fotografieren, wo es ein weites Spektrum vom verblitzten Rote-Augen-Stammtischbild bis zum künstlerischen Aktfoto oder auf den Punkt arrangierten Werbefoto gibt, stellt sich auch beim Filmen die Breite des Amateurschaffens dar - vom 3-Stunden-Weihnachtsfeierfilm bis zum 3-Minuten-Grafitti-Clip. Die Breite und Vielfalt von Themen ist m.E. ja genau der Reiz, um zur Camera zu greifen.


    Aber in jedem Fall darf nicht dem Zuschauer überlassen bleiben, wie er das Gezeigte interpretiert, sondern muss zumindest eine klare Anleitung zum Interpretieren geliefert bekommen, dh. eine erkennbare Story und/oder Aussage muss es geben. Dabei hilft oft schon ein aussagefähiger Titel des Films - er hilft sowohl dem Verfasser als auch dem Zuschauer. Dabei sind aber ganz bestimmt nicht die reichlich bekannten Titel wie "Herbst-Impressionen" oder "Winterbilder" gemeint, die nun ganz sicher das Gegenteil sind von dem, was es sein soll. Anstelle solch banaler Allerweltstitel, die alles und jedes beinhalten, würden Titel wie zB. "Ein Wald bereitet sich auf den Winter vor" oder "Wandern im Schnee" gleich ein klares Thema ausdrücken. Mir ist klar, dass wir uns damit noch auf einer sehr einfachen Ebene befinden. Aber als Einstieg in die Sensibilisierung ist es passend.




    Hans


    Dein Angebot finde ich klasse! Denn es beinhaltet einen aus meiner Sicht möglichen Weg zur Verbesserung: Information und Anregung. Vermutlich ist vielen Videoamateuren das Problem zwar klar, aber es fehlt ihnen an grundsätzlichen Beispielen und Vorschlägen. So wie Jörg ein Beispiel für einen roten Faden der Story erwähnte, gibt es noch viele andere Beispiele für typische Filmthemen.




    Damit sind wir beim Kern: ist es nicht denkbar, hier im Forum eine Kategorie zu eröffnen, wo Beispiele von Film-Stories veröffentlich werden? Also wo Filmer ihr Thema, das Konzept und ihre Ideen für die Umsetzung in Wort (und Bild) darstellen? Nicht als Kochrezept, sondern als Anregung für das jeweilis eigene Projekt?




    Max

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Thomas (Max41)


    Zitat

    Damit sind wir beim Kern: ist es nicht denkbar, hier im Forum eine Kategorie zu eröffnen, wo Beispiele von Film-Stories veröffentlich werden? Also wo Filmer ihr Thema, das Konzept und ihre Ideen für die Umsetzung in Wort (und Bild) darstellen? Nicht als Kochrezept, sondern als Anregung für das jeweilis eigene Projekt?


    Gute Idee, aber eigentlich haben wir das schon, nämlich mit "Dramaturgie des Videoschnitts".
    Da gehört meines Erachtens auch der rote Faden, die Story, etc. dazu.


    Lieben Gruss
    Edi

    Freundlichkeit ist ansteckend


    Wenn die Trümmer des Flugzeuges in der Pistenachse liegen und der Pilot aus eigener Kraft im Restaurant ein Bier bestellen kann, ist die Landung als gelungen zu betrachten. :feixen:

  • Ich stimme auf jeden Fall zu und finde es selbst auch unheimlich wichtig, sich vor dem Filmen mit dem/den zu erwartenden Thema/Themen auseinanderzusetzen. Das sieht man dem Film später einfach an. Es ist allerdings zeitaufwendig. Doch gerade die Entdeckungsreise zu Geschichten und Themen, von denen ich bisher wenig oder gar keine Ahnung hatte, finde ich eigentlich besonders spannend an der Filmerei. :headbanger:


    Obwohl ich bei meinen Filmen dann mein eigenes Konzept verwirkliche. Ich mache ja vor allem Ausflugs- und Reisefilme und die gestaltete ich so, wie ich sie selbst gern im Fernsehen sehe. Es gibt keinen roten Faden und wenn sich nach meinen Filmen jemand fragen möchte, was wollte uns die Autorin damit sagen - dann muss er/sie andere Filme schauen. Bei mir ist es eher das Gegenteil. Ich verstecke keine tiefschürfende Botschaft, sondern versuche, komplexe Zusammenhänge einfach und anschaulich darzustellen. Das ist durchaus eine anspruchsvolle Aufgabe beim Gestalten und liegt mir besonders gut.


    Meine Urlaubsfilme sind auch eher eine Art Reisemagazin, also eine Aneinandereihung von kleinen, 2-6 min kurzen Ortsbeiträgen, deren Reihenfolge man auch vertauschen könnte. Da ist dann oft für alle Zuschauer etwas dabei, mal Landschaft, mal Architektur, mal Geschichte, mal Einheimische usw. Eben das, was mich an der jeweiligen Reisestation besonders begeistert hat und wo es etwas Interessantes zu erzählen gibt. Hin und wieder baue ich einen kleinen Exkurs ein, und erkläre etwas genauer. Dabei setzte ich je nach Thema meine eigenen Filmaufnahmen, externes Bildmaterial, einfache 3D-Modelle und Textmaterial ein. Die Zuschauer bekommen so auf angenehme Weise eine Menge Wissen "untergemogelt". Bei nichtfilmenden Zuschauern ist das übrigens von Anfang an unheimlich "eingeschlagen". :D


    Wer bei einem Filmclub Erfolg haben möchte, dem ist allerdings davon abzuraten, dort wird strikt das klassische Konzept erwartet - also eine gesamte Geschichte mit rotem Faden oder ein sehr konkretes Thema ... . Man kann damit natürlich auch wunderschöne Ergebnisse erzielen. Ein tolles Beispiel ist der aktuelle Gartenzaunbeitrag über eine bayerische Spezialität. http://www.schuelerfernsehenkitzscher.de/GZ.html :applause:


    Ich weiß auch, dass nicht jeder so viel hermacht und einfach bei "Impressionen" bleibt. Bei einem Hobby ist das aber freiwillig. Da muss jeder selber wissen, wie viel Ressourcen er hinein steckt, was ihm dabei Spaß macht, wie er seinen Film gern sehen möchte. Regeln kann man meiner Meinung nach hier keine aufstellen.


    Für den Lerneffekt und die Inspiration finden ich ja Beispiele anschauen nützlich. Und da haben wir es in diesem Forum besonders gut, wie ich finde, weil es oft etwas zum Anschauen gibt, und das verdanken wir sehr der Zusammenarbeit mit dem Schülerfernsehen. :cool1:


    Viele liebe Grüße
    Liane :hallo:


    P. S. Na ja, eine Kleinigkeit muss ich an dieser Stelle doch noch loswerden. Nicht meckern, dass die ANDEREN sich mehr Mühe geben sollten, SELBER zeigen wie es besser geht. Ich denke auch, das Unterforum "Dramaturgie des Videoschnitts" trifft es schon prima. Und für die praktischen Beispiele haben wir noch "Filme der User" ... :engel:

    Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart. (Noël Coward)