Wegen gegenwärtig etwas mehr zur Verfügung stehender Zeit habe ich mir Studio 8 einmal sehr gründlich vorgenommen. Fazit: Das Programm ist besser als sein Ruf - und jetzt schlechter, als die Fama vom "Easy to use" für Anfänger vermuten läßt.
Entscheidend ist, das Manual zu lesen, wie ein Anfänger es tun würde. - Da hapert's schon. Ich gehe davon aus, daß viele Anwender nicht alles auf Anhieb verstehen. Es dürfte weitgehend auch an der notwendigen Attitüde fehlen:
1.) Sehr langsam und sorgfältig auch das letzte Komma lesen, bis jeder Schritt als eine klare Vorstellung nachvollzogen werden kann.
2.) Beim Schneiden und insbesondere beim Anlegen von Menüs für die CD/DVD-Ausgabe entsprechende Vorstellungen klar und deutlich vor Augen haben, um jeden Schritt sicher zu "wissen".
3.) Für die notwendige Sicherheit eine gewisse Übung absolvieren und irrtumsfreie Routine entwickeln.
Nach dem Studium zahlreicher (oft qualifizierter) Fehlerberichte am US-Board von Pinnacle habe ich versucht, die Situationen nachzuvollziehen. Dabei fiel mir auf, daß viele dieser Fehler niemals auftreten, wenn mit entsprechender Sorgfalt "nur nach Vorschrift" gearbeitet wird. Die angeblichen Programmfehler sind also wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß mit mangelnder Sachkunde in wiederholter Weise und sogar bei einer Mehrzahl von Anwendern einfach drauflos gewurstelt wurde.
Ich konnte zehn Fehler reproduzieren und auf verschiedene Weise durch unzureichende Schritte neuerlich provozieren. Davon sind zwei fatal und hängen ausschließlich mit dem DVD-Brennen zusammen (der hier temporär zur Verfügung stehende DVD-Brenner erwies sich als voll kompatible zu verschiedenen Tools, auch zu Studio).
Von den acht verbleibenden Fehlern gibt es für fünf ein "Workaround", das jeweils aus penibler Beachtung der Bedienungsanweisung besteht. Für drei gibt es ein echtes Workaround, das in jedem Falle daraus besteht, dem Programm eine im Ergebnis nicht wahrnehmbare zusätzliche Aufgabe zu übertragen. Das zwingt es, diese Stellen, an denen es sonst "klemmt" (scheinbar einfriert), in besonderer Weise wahrzunehmen und zu bearbeiten. Das geht dann zügig und beruht wohl darauf, daß jetzt die "Buchhaltung" für das Projekt klarer wahrgenommen und braver abgearbeitet wird.
Drei wesentliche Punkte und eine Hoffnung
Es gibt zwei wesentliche Umstände, die für Arbeitsweise des Programms und Qualität von Ergebnissen von Bedeutung sein können.
I.
Rechnerbasis.
a) Studio 8 läuft (bis auf die angedeuteten Klemmer) hervorragend auf einem PC, der mit keiner anderen Software ausgestattet ist als Betriebssystem und Studio 8. MPG-Files für VCD, S-VCD und DVD waren von völlig ausreichender Qualität - bis auf erträgliche Ausnahmen bei kritischem Videomaterial.
b) Als letzte Editiersoftware auf einem Rechner installiert, auf dem bereits andere Schnittsoftware vorhanden war, zeigte Studio 8 erhebliche Mängel bei der Erzeugung von MPG-Files für VCD, S-VCD und DVD. Auch wurde ein anderes Programm in seiner Funktion nach der Installation von Studio 8 erheblich beeinträchtigt.
II.
Bedenkliches
a) Studio 8 läuft sehr langsam - selbst bei noch geringer Belastung. Dieses wurde auch mit einem Rechner weit über 2 GHz-CPU-Takt erlebt. Steigt die Belastung mit wachsender Komplexität des Projekt, werden Reaktionszeiten oft zur Qual.
b) Solange sich im Projekt keinerlei Fehler befinden, läuft Studio 8 stabil. Werden an irgendeiner Stelle Maßnahmen nicht komplett oder fehlerhaft vorgenommen, erschwert wohl die innere Logik des Projektes dessen Verwaltung so sehr, daß Studio abstürzt.
c) Es gibt keine klaren Fehlermeldungen. - Weder aus "Message.log", noch aus "VcdMakerMessage.log", noch aus "PcleFujiMessageLog.log" und auch nicht aus "DiscWriterMessage.log", die alle bei einem Projekt angelegt werden, lassen sich Fehlerquellen klar analysieren. Von XP Professional ausgegebene Crash-Reports werden üblicherweise von Anwendern nicht ausgewertet (weil sie nicht wissen, wie man vorgehen sollte), geben aber auch keine völlig klare Auskunft. Beteiligte waren
ca) in einem Fall "studio.exe" mit "GRABMI_FILTER_PRIVACY", "DiskWriter.dll" mit "GRABMI_FILTER_THISFILEONLY" und "kernel32.dll" mit ebenfalls "GRABMI_FILTER_THISFILEONLY" und
cb) in z.B. einem anderen Fall "studio.exe" mit "GRABMI_FILTER_PRIVACY", "ntdll.dll" mit "GRABMI_FILTER_THISFILEONLY" und "kernel32.dll" mit ebenfalls "GRABMI_FILTER_THISFILEONLY".
d) Ein reproduzierbarer und unter bestimmten (von vielen Users ahnungslos herbeigeführten, jedoch vermeidbaren) Umständen auftretender Absturz konnte dadurch verhindert werden, daß ein bestimmtes DLL auch in jenen Ordner kopiert wurde, in dem das Hauptprogramm "studio.exe" residiert.
III.
Verlorene Unschuld
Das Hauptargument für Studio, leichte Handhabbarkeit auch für Anfänger, ist nicht mehr haltbar.
Während zahlreiche andere (nicht alle) Authoring-Tools oder Teile von integrierten Programmen hauptsächlich mit Templates arbeiten, dadurch die Vielfalt zwar etwas beschränken, dafür aber leichter verständlich sind und schnelles Arbeiten ermöglichen, bietet Studio 8 neben Fertigware eine verführerische Vielfalt, in der ich Anfänger schnell verzetteln können.
Diese Vielfalt zu nutzen und jede Masche einzeln zu stricken birgt dann die Gefahr unvollständiger oder nicht schlüssiger Prozesse, die zweierlei Folgen haben können:
a) Studio stolpert darüber und stürzt ab (etwa in die "TitleDeko-Falle").
b) Das Programm arbeitet immer langsamer mit fast unerträglichen Reaktionszeiten.
Nicht zu vermeiden war, daß nach dem Befehl "Kapitel sortieren" das Programm häufig abstürzte, und zwar stets mit dem Protokoll, wie unter II. cb) angedeutet ist.
Die Arbeit von Studio im Hintergrund (völlig unnütz, wenn der Anwender sich noch gravierende Änderungen einfallen läßt, aber glücklicherweise abschaltbar) scheint die Arbeitsgeschwindigkeit deutlich zu bremsen. Die Langsamkeit bestimmter Prozesse läßt sich anders kaum erklären.
VI.
Hoffnung
Es ist zu hoffen, daß Studio 8 in nicht zu langer Zeit zu einer Reife gelangt, wie sie Studio 7 mit der Version 7.13.6 erreichte. Und zwar bevor eine neue Version angekündigt oder gar ausgeliefert wird. Wer keine VCD, S-VCS oder DVD brennen will, kann auf Studio 8 verzichten und auf einem schnellen Rechner mit Studio 7 sehr zügig arbeiten. Es erscheint prinzipiell vorteilhafter, ein Projekt erst fertig auf einem Datenträger abzulegen und dann separat mit einem anderen Programm für CDs zu editieren und zu brennen. Entsprechende Programme sind heute sehr billig zu haben und manchmal separater Bestandteil von mehr als preiswerten Suiten, die auf CD etwa den FireWire-Karten beiliegen.
Resümee:
Die meisten Schauergeschichten, die zum Beispiel am Pinnacle-Webboard aufscheinen, sagen mehr über die Unzulänglichkeit, Selbstüberschätzung oder Unwissenheit der Anwender als über Studio 8 selbst.
Auf der anderen Seite weist das Programm noch etliche Mängel auf, die (noch) bis zur Unbrauchbarkeit abwerten können. Denn es kann beispielsweise (wiederholt) vorkommen, daß Studio 8 einen Titel vom Ende des Movies an desen Anfang stellt und das Hauptmenü damit ersetzt. Als Folge davon läßt sich ein vielleicht mühsam erstelltes Projekt nicht mehr laden. Sobald Studio den fehlerhaften Titel erkennt (etwa durch die Renderautomatik oder nach Anklicken), stürzt es unaufhaltbar ab**.
Ohne ein ständiges File-Backup (extern im Explorer) anzufertigen, artet die Benutzung von Studio 8 in Selbstkasteiung aus.
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Nachtrag:
Zweimal erlebt: Wenn Studio mehrmals abgestürzt war, kam irgendwann der Punkt, an dem das Programm (andere Programme wurden zwischenzeitlich NICHT benutzt!) die Soundtreiber so verquirlt hatte, daß sie neu installiert werden mußten.
Es ist jetzt für weitere Studien das Update 78.3.12 installiert.
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** Durch einen verwegenen Trick, auf den Studio hereinfiel, war ein Projekt dennoch zu retten.