Hallo liebe Videofreunde,
Nachdem ich diesen Text andernorts und in einem eigentlich anderen Thema gepostet habe, komme ich nun einer Anregung nach, das auch hier zur Verfügung und zur Diskussion zu stellen, da das Thema Farben ja ein durchaus interessantes und sehr umfangreiches ist.
Ich freue mich auf rege Teilnahme und Ergänzungen und Korrekturen, oder einfach darauf, dem ein oder anderen damit einen kleinen Einblick in die Thematik geben zu können.
Wer schon immer mal wissen wollte, was es mit dem "YUV" auf sich hat, was ein Farbraum und was ein Farbmodell ist, der wird hier zumindest sowas wie einen groben Einblick, eine Überschrift zu dem Thema finden.
Obschon ich mich viel mit diesem Thema beschäftigt und viel Zeit damit verbracht habe und auch meine Vergangenheit als Nachrichtentechniker mir eine Hilfe ist, maße ich mir nicht an, ein Crack in diesem viel zu umfangreichen Thema zu sein.
Aber vielleicht gelingt es, hier eine Art Basis zu schaffen, auf derer sich eine interessante und wissensreiche Diskusssion ergibt.
Also legen wir los:
Zu oft wenn ich von Farbräumen, YUV vs. RGB und so weiter lese, wird mir ganz anders, besonders dann, wenn dabei eine ganze Menge an Begriffen zusammengewürfelt und vermixt wird, denn das Ergebnis sind Halbwahrheiten und Missverständnisse.
Diesen ein wenig entgegen zu wirken ist die Absicht dieser Zeilen.
Das Thema Farbe und Farbdarstellung ist ein extrem komplexes und nicht mit einigen Worten zu erklären, schon gar nicht mit pauschalisierten Phrasen wie „niemals einen Farbraum wechseln“, wie man sie immer wieder liest, zumal dann nicht, wenn es gar nicht um Farbräume, sondern um Farbmodelle geht, …. Und da fängt die ganze Krux schon an: bei den Begrifflichkeiten.
Am Anfang steht erst mal das Farbmodell!
Farbmodelle dienen dazu, auf bestimmte Art und Weise einzelne Farben numerisch definieren zu können.
Die bekanntesten Farbmodelle sind z.B. RGB und CMYK, von denen schon sicher jeder gehört oder gelesen hat.
Der Unterschied besteht speziell bei diesen beiden Modellen in der Art der Definition und der Farbmischung.
Das eine verwendet die additive Mischung, das andere die subtraktive Mischung.
Beim RGB Modell werden die Farben über die Kanäle Rot, Grün und Blau beschrieben und beim CMYK eben über die Kanäle Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz (wobei bereits diese Grundfarben erstmal definiert werden müssen, das ist alles nicht so trivial,…. )
Genauso ist auch das Beschreiben von Farben über Farbdifferenzkanäle, häufig gerne nicht ganz korrekt YUV genannt, ein Farbmodell.
(Nicht ganz korrekt deshalb, weil wir es hier genaugenommen mit YCrCb im digitalen Videobereich, gem. ITU-R BT 601, ex CCIR 601 Norm und YPbPr für den analogen Fernsehbereich zu tun haben)
Dennoch werde ich hier der Einfachheit halber bei der Bezeichnung YUV bleiben, denn die einzelnen Modelle sind durchaus eng miteinander verwandt.
Dann kann es recht interessant sein zu wissen, wie sie rekrutiert werden und was ihr Ursprung ist:
Ihren Ursprung haben die Farbdifferenzsignale aus Zeiten, als das Farbfernsehen erfunden wurde.
Damals war es zwingend erforderlich, dass das neue Farbfernsehsignal kompatibel zu den S/W-Fernsehern sein musste, denn sonst hätte ja damals kaum mehr einer in die Röhre schauen können.
Also nahm man das bereits vorhandene Luminanzsignal, eben das S/W-Bild, denn was anderes ist das nicht, und fügte dem Sendesignal einfach zusätzliche Informationen bei, die Farbdifferenzsignale.
Wo holt man die her?
Ohne zu technisch werden zu wollen:
Wenn ich ein RGB-Bild habe, kann ich, sehr vereinfacht gesprochen, einfach die Helligkeit aus den Farbkanälen subtrahieren und getrennt in eigenen Signalen weiterleiten.
Wie gesagt, ... seeehr verkürzt, da steht ein etwas aufwändigerer Prozess dazwischen denn ganz so einfach ist das natürlich nicht.
Zur Farbdifferenz griff man deshalb, weil die Bandbreite der Signale damit in einem erträglichen Rahmen bleiben konnte (nochmal: dies sind alles vereinfachte Darstellungen!!) und die S/W-Geräte sich davon nicht stören ließen, also einfach das S/W-Bild wiedergeben konnten.
Warum aber haben wir es heute noch mit diesem altertümlichen Relikt zu tun?
Ganz einfach: Genau dieses Farbdifferenzsignal bietet eine geradezu geniale Basis für Komprimierungsverfahren, welche im Zuge der Digitalisierung nötig waren.
Unserer optischen Wahrnehmungsfähigkeit folgend, wurde das Luminanzsignal, also die Helligkeitsinformation, komplett belassen, während an den Farbkanälen geschnitten werden konnte, ohne dass wir es wahrnehmen könnten.
Wir haben es also keinseswegs mit einem qualitativ besonders tollen Farbmodell zu tun, sondern einfach nur mit einem praktischen.
Was aber viel wichtiger ist: Auch das YUV Farbmodell ist ein additives, genauso wie das RGB Modell.
Und noch besser: Das YUV Signal ist aus dem RGB Modell rekrutiert.
Unsere Kameras z.B. nehmen mit ihren CCD-, bzw. CMOS- Chips ein RGB- Bild auf, und zwar ein analoges. (Und wenn wir uns unsere Fernseher ansehen, werden wir feststellen, dass diese wieder ein RGB-Bild anzeigen, denn wir haben drei Elektronenstrahlen, jeweils einen für Rot, einen für Grün und einen für Blau)
Dieses wird im Zuge des Verarbeitungsprozesses in ein Farbdifferenzsignal umgewandelt und komprimiert (in unseren Fällen per 4:2:0 Farbsubsampling).
Das bedeutet aber auch, dass jede Farbe aus dem YUV Farbmodell im RGB Farbmodell beschrieben werden kann (im Gegensatz zum subtraktiven CMYK- Modell, da geht das nicht so ohne weiteres)
Ich kann also durchaus problem- und verlustlos eine Farbe aus dem RGB- Modell ins YUV- Modell übertragen und umgekehrt.
Zunächst mal jedenfalls, … wär ja sonst auch zu einfach …
Warum also macht es Sinn, im Produktionsprozess im gleichen Farbmodell zu bleiben?
Zunächst einmal aus nur einem Grund: Rechenpower.
Das Umrechnen von Daten aus dem einen ins andere Modell belegt die CPU und kostet einfach nur Rechenleistung, …. mehr nicht, …. Erstmal
Was aber ist nun ein Farbraum und warum ist das so wichtig und warum sehen wir auf unterschiedlichen Geräten unterschiedliche Farben?
Dummerweise sind unsere Geräte gar nicht in der Lage, alle Farben darzustellen, weder eine Röhre, noch ein Plasma, noch ein TFT, LCD und wie sie alle heißen.
Vielmehr haben sie nur eine eingeschränkte Wiedergabefähigkeit, … und da kommen wir zum Begriff „Farbraum“.
Ein Farbraum ist ein Teil eines Farbmodells. Also nur ein Ausschnitt aus dem Ganzen.
Der srgb- Farbraum z.B., der für Fernseher Standard ist, ist ein RGB- Farbraum, rekrutiert sich also aus dem RGB- Farbmodell, ist aber nur ein Teil des Ganzen.
Um die genaue Definition diverser Farbräume hat sich das ICC gekümmert, ein Konsortium aus mehreren führenden Industriebetrieben.
Und die haben diesen Farbräumen sog. Profile zugewiesen.
Z.B. das srgbIEC61966-2.1 und etliche mehr.
Das sind diese typischen "Schuhsohlen", diese netten Grafiken, die den anzeigbaren Bereich des Farbraumes definieren.
Damit wurde der Versuch unternommen, eben dieses Problem der unterschiedlichen Darstellung auf unterschiedlichen Sichtgeräten Herr zu werden (und das durchaus erfolgreich).
Das Zauberwort für diesen Prozess lautet: Farbmanagement!
Wenn wir also von Farbmodellen, Farbräumen, Farbprofilen, etc. reden, sollten wir uns auch darüber im Klaren sein, dass wir von verschiedenen Paaren Schuhen reden, von denen jedes locker ganze Bücher füllt.
Will ich eine saubere Darstellung auf meinem Sichtgerät haben, so muss ich es nicht nur entsprechend einstellen, ich sollte auch meinem System, an dem es angeschlossen ist, über das Farbmanagement mitteilen, was es zu liefern hat.
Das ist die eine Sache, eine Optimierung des Systems, an dem mein Monitor hängt, damit die verwendete Software weiß, welches Farbprofil zur Darstellung das richtige ist.
Dann wäre da die Frage nach dem Farbraum/ Farbmodell innerhalb der Programme:
Macht es Sinn, diese intern zu wechseln oder nicht oder ist es gar schädlich?
Die Antwort: kommt drauf an ….. tja, ist leider so, … wie gesagt, eine bücherfüllende Thematik.
Grundsätzlich ist es kein Problem zwischen den Modellen YUV zu RGB und wieder zu YUV zu wechseln, solange keine Farbräume dazwischen stehen, deren Farbbereich beschränkt ist.
Wenn der RGB- Farbraum größer als der YUV ist, gibt’s keine Probleme, … umgekehrt schon eher, denn dann verliere ich Informationen.
Und es macht abhängig von der weiteren Verarbeitung Sinn.
Es ist durchaus sinnvoll, bereits bei einer einfachen Farbkorrektur, auch wenn sie auf einem Bild mit einer Farbtiefe von 8 Bit durchgeführt wird, dies in einer 16- oder 32 Bit tiefen Umgebung durchzuführen, … warum werde ich hier nicht näher erläutern, ist so schon lang genug dieses Posting.
Warum legen Hersteller von Schnittprogrammen dann so großen Wert darauf, das Farbmodell und den Farbraum nicht zu wechseln?
Tempo!
Beim Schneiden will ich Geschwindigkeit, Echtzeit und nicht Vorschauen rendern etc.
Beim Compositing z.B. ist das anders.
Bereits eine einfache PAL-Sequenz muss in After Effects auf einem Quadcore gerendert werden. Das machen die nicht, weil sie ihrer zumeist gewerblichen Klientel böse sind oder es nicht besser können, sondern weil AE z.B. im RGB-Farbmodell arbeitet und somit in der Lage ist, gewaltige Mengen an Farben zu berechnen und zu konvertieren, und zwar korrekt und ohne Verluste. Sogar Footage mit unterschiedlichen Farbprofilen kann zusammen gepasst werden.
Aber man bezahlt dafür einen Preis: Es dauert …..
Beim endgültigen Ausspielen entstehende Qualitätsverluste sind weniger Probleme der Farbräume, sondern vielmehr der Codecs, denn selbst gute Schnittprogramme, die intern in 4:2:2 Subsampling arbeiten, bringen Verluste, lossless oder nicht, aber auch das ist ein anderes Thema.
Dazu kommt, dass man sich immer überlegen sollte, von welchem Codec in welchen gerendert wird. Hier sei exemplarisch nur das Ergebnis genannt, welches man erhält, wenn man vom Canopus Codec auf Microsoft DV rendert und umgekehrt. In diesem Fall kommt es zu Missverständnissen in den Grenzwerten 0 bis 255 und 16 bis 235, .... Das hat aber nichts mit dem Farbmodell oder -raum zu tun, das ist ein Codecproblem.
(Ich persönlich vermeide während des Produktionsprozesses jede Rekompression, lasse also keinen Codec an mein Material bis zum endgültigen Ausspielen und selbst das mache ich unkomprimiert als Bildsequenz, allenfalls per LZW-Komprimierung in Tiff-Sequenzen.
Erst daraus wird das Zielformat bestimmt. Es macht in meinen Augen keinen Sinn, mein Material aufzuarbeiten und am Ende wieder mit einem DV-Codec drüberzubügeln und das dann als Basis für DVD-Erstellung etc. zu nehmen.
Viele Programme können auch Zielformate direkt kodieren.)
Ich kann also nicht einfach eine beliebige Quelle auf einem beliebigen Sichtgerät darstellen und erwarten, dass es meine Bilder korrekt wiedergibt.
Ich muss die Farbprofile der Geräte berücksichtigen und die Tatsache, dass es immer auch fertigungstechnische und altersbedingte Toleranzen gibt, die ich korrigieren muss, wofür es dann wieder solche Geräte wie den Spyder zur Monitorkalibrierung, bzw. Profilierung gibt.
Habe ich eine saubere und eingestellte Produktionslinie, bekomme ich auch eine korrekte Wiedergabe.
Aber man sollte schon ein wenig unterscheiden können zwischen Farbräumen, Farbmodellen, Profilen und wissen, was zusammengehört und was nicht.
Das lässt sich nicht alles einfach in einen Topf werfen, dafür ist das entschieden zu komplex und selbst dieses Monsterposting ist nicht mal eine Einleitung in das Thema.
Allein den Begriff Monitorgamma habe ich komplett ausgelassen, bewusst.
Nur soviel sei angemerkt, dass auch hier angepasst wird/ werden muss. Als Schlagworte seien nur Gamma 2.2 für Monitore genannt und dazu das sog. File Gamma 0.4545, welches den Kehrwert darstellt und in den digitalen Bildern eingebettet ist (ja, in allen).
Auch habe ich noch kein Wort darüber verloren, auf welchem Zielmedium meine Produktion landen soll und welche darstellenden Geräte hier vorrangig sein werden. Gehts um DV PAL gem CCIR601 oder HDTV mit der 709 Rec etc? Kann man auch einen Gedanken dran verlieren.
Alles in Allem hat man also eine Vielzahl von Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass die Wiedergabe auf dem Monitor nicht korrekt ist.
Da ist nicht nur die Grafikkarte und/ oder das Schnittprogramm für zuständig.
Wie gesagt, damit sind Bücher gefüllt, … und das hier ist auch schon fast eines.
Aber mir sträuben sich bei einigen Äußerungen, vor allem bzgl. Der Farbräume und Farbraumwechsel, immer wieder die Nackenhaare und ich würd mich freuen, wenn ich hier vielleicht ein bisschen Licht ins Dunkel bringen konnte, oder zumindest einen Denkansatz/ -anstoß für die weitere, eigenen Informationssuche zur Thematik.
Viele Grüße
Marcus